Greenfield vs. Brownfield: die richtige Strategie

Es gibt verschiedene Wege zu SAP S/4HANA: Greenfield, Brownfield oder auch eine selektive Migration. Wo die Unterschiede liegen und welche Vor- und Nachteile die jeweiligen Strategien haben, lesen Sie hier.

Wenn Unternehmen SAP S/4HANA einführen möchten, stehen ihnen vor allem zwei Strategien zur Verfügung: der Greenfield-Ansatz (New Implementation) und der Brownfield-Ansatz (System Conversion; Re-use).

Der Greenfield- und der Brownfield-Ansatz stehen also für verschiedene Möglichkeiten, um ein SAP-ERP-System auf S/4HANA umzustellen: Mit dem Greenfield-Ansatz nehmen Unternehmen eine komplette Neuinstallation des SAP S/4HANA-Systems vor. Der Brownfield-Ansatz steht für ein Software-Upgrade, bei dem alle Daten und Einstellungen erhalten bleiben.

Außerdem gibt es noch die selektive Migration – einen Mittelweg aus Greenfield und Brownfield (früher: Landscape Transformation). Experten sprechen auch vom Color-Field-Ansatz oder einer hybriden Strategie.

Die selektive Migration ist ein Strategieansatz, der auf Brownfield basiert. Gehen Unternehmen einen solchen Weg, kopieren SAP-Experten das alte System ohne Daten und stellen es auf S/4HANA um. Im Anschluss wird dieses leere System per Datenmigration gezielt mit Altdaten gefüllt. Die Migration kann dabei individuell gesteuert werden: Die Spezialisten migrieren zum Beispiel nur einen definierten Ausschnitt von Daten oder schlüsseln Daten um.

Die Herausforderung bei der Einführung von S/4HANA besteht für Unternehmen im ersten Schritt darin, die richtige Strategie für die Implementierung zu finden.

Was bedeutet Greenfield?

Der Greenfield-Ansatz steht für einen kompletten Neuanfang, einen Neustart mit SAP S/4HANA „auf der grünen Wiese“. Gemeint sind damit das vollständige Reengineering und die Möglichkeit der umfassenden Vereinfachung von Prozessen. Basis dafür sind neueste technologische Innovationen. Die Neuimplementierung erfolgt beim Greenfield-Ansatz stets nah am SAP-Standard und den Best Practices.

Alle Prozesse und Systeme werden im Zuge der Implementierung vollständig neu installiert und konfiguriert. Im Zuge dessen werden alle Umfeldsysteme neu bewertet und gegebenenfalls abgelöst.

Die Neuimplementierung gibt Unternehmen die Möglichkeit, bestehende Eigenentwicklungen und Drittanbieter-Systeme auf den Prüfstand zu stellen und zu untersuchen, ob diese Funktionen nicht bereits im SAP S/4HANA-Kern und in den Best Practises vorhanden sind.

Klassische Eigenentwicklungen im Kernsystem sind nicht mehr zeitgemäß. Sie werden heute durch neue Architekturen abgelöst. Diese Architekturen lassen sich aber nur mit dem Greenfield-Ansatz erreichen.

Die neuen Architekturen lassen es zudem zu, dass durch regelmäßige und schnelle Updates permanent ein Stück der Software modernisiert wird.

Wo früher durch große Upgrades große Teile der Software erneuert wurden, setzt man heute auf kontinuierliches Updaten von Teilbereichen. So sind im Grunde keine großen Neuinstallationen mehr notwendig, da sich die Software alle paar Jahre komplett erneuert.

Die laufenden Geschäftsprozesse werden mit diesem Strategieansatz nicht beeinträchtigt, weil das bisher bestehende SAP-System – zum Beispiel SAP ERP 6.0 – parallel zur Umstellung bis zum Go-live des neuen S/4HANA-Systems weiterbetrieben wird.

Der Greenfield-Ansatz eignet sich sowohl für Neukunden als auch für Bestandskunden. Gerade wenn die bestehenden Systeme sehr heterogen und komplex sind, sollten Unternehmen den Greenfield-Ansatz in Erwägung ziehen. Nur er macht den Umstieg in die „neue Welt“ von S/4HANA mit den SAP Best Practices möglich. Zudem ermöglicht er die Beseitigung von alten Workarounds und gibt Unternehmen eine höhere Flexibilität für zukünftige Anforderungen.

Sie interessieren sich für eine Einführung von SAP S/4HANA mit dem Greenfield-Ansatz? Lesen Sie hier, wie Sie ein solches Projekt umsetzen können.

Vor- und Nachteile der Greenfield-Strategie

Die Greenfield-Strategie ist der Weg für alle, die das volle Potenzial von SAP S/4HANA ausschöpfen und die Datenqualität erhöhen möchten.

SAP S/4HANA ist die Basis für neue Geschäftsmodelle und die Technologien der Zukunft. Wer auf Greenfield setzt, setzt auf mehr Flexibilität, ein höheres Maß an Innovation, höhere Datenqualität und schnelle und schlanke Prozesse.

Die Vorteile im Überblick:

  • Vollständig neue, einheitliche, schlanke Systemlandschaft
  • Beseitigung von Altlasten und Abbau von Komplexität
  • Nutzung des SAP Standards und der Best Practices (damit auch Zugang zu Funktionserweiterungen)
  • Potenzial von SAP S/4HANA kann ausgeschöpft werden (neue Analysemöglichkeiten, leichter skalierbare Prozesse, …)
  • Mehr Flexibilität durch Standardisierung
  • Vorteile durch schnellen Zugang zu Innovationen („Cloud first“)
  • Innovationsschutz durch permanente Aktualisierung des Produkts
  • Standardisierte, bereinigte Stammdatenbank
  • Möglichkeit zur Optimierung der Betriebskosten
  • Cloudnutzung möglich (ebenso wie On-Premise)

Die Nachteile im Überblick

  • Umfassendes Testing der neuen Prozesse erforderlich
  • Meist etwas höherer Zeitaufwand (Analysen im Vorfeld, Vereinfachen und Transformation der Prozesse, umfassende Bereinigung von Daten)
  • Unter Umständen intensiveres Change-Management erforderlich
  • Gegebenenfalls umfassendere Schulungen der Anwender notwendig
  • Möglicherweise höhere Kosten der Neuimplementierung
Sie benötigen Informationen für die SAP Fiori Apps in Bezug auf SAP S/4HANA? Lesen Sie hier, wie Gambit Sie unterstützen kann.

Was bedeutet Brownfield?

Wer der Brownfield-Strategie folgt, konvertiert das vorhandene SAP-System auf S/4HANA. Es handelt sich also um ein Upgrade.

Bestehende Prozesse, Daten und individuelle Entwicklungen werden in das neue SAP S/4HANA-System übertragen. Es findet somit kein vollständiger Neuaufbau „auf der grünen Wiese“ statt.

Der große Nachteil ist, dass damit die Komplexität des vorhandenen, oft heterogen gewachsenen Systems erhalten bleibt. Der Status Quo wird also zementiert. Das volle Potenzial von S/4HANA kann nicht genutzt werden.

Der Weg in die S/4HANA Best Practices zum Beispiel bleibt versperrt. Wenn sich Unternehmen aber nicht in die Best-Practise-Welt bewegen, dann partizipieren sie nicht von neuen Funktionserweiterungen. Dies führt in der Realität dazu, dass der Wartungsvertrag, mit dem man auch für die funktionale Weiterentwicklung bezahlt, aber nur zum Konsumieren von Bug-Fixes genutzt wird.

Am besten geeignet ist der Brownfield-Ansatz für Unternehmen, deren bestehende Systeme noch vergleichsweise neu und wenig heterogen sind und sich noch nah am SAP Standard bewegen. Er eignet sich auch für diejenigen, die besonders schnell zum neuen SAP S/4HANA-System kommen wollen.

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Vor- und Nachteile der Brownfield-Strategie

Für Brownfield spricht, dass der Aufwand der Implementierung geringer ist als bei Greenfield: Brownfield-Projekte sind in der Regel etwas günstiger und gehen zuweilen schneller. Zudem kann Bestehendes erhalten werden.

Für Unternehmen mit heterogenen und komplexen IT-Systemlandschaften hat dies auf lange Sicht aber meist Nachteile: Da die Komplexität erhalten bleibt, bleiben auch die heutigen Herausforderungen mit der IT-Umgebung bestehen (zum Beispiel auch in Bezug auf die Umsetzung neuer Geschäftsmodelle) und können im Rahmen eines solchen Projektes nicht korrigiert werden.

Die Vorteile im Überblick

  • Schnellere Implementierung eher möglich, da Aufwand geringer
  • Erhalt historischer Daten und individueller Entwicklungen
  • Geringerer Aufwand für Change-Management und Schulungen
  • Möglicherweise etwas niedrigere Kosten der Implementierung
  • Geringere Disruption von Prozessen

Die Nachteile im Überblick

  • Komplexität bleibt erhalten, Altlasten werden mit übernommen
  • Wenige Möglichkeiten, die unternehmenseigenen Geschäftsprozesse und den funktionalen Umfang grundlegend zu verbessern und zu vereinfachen
  • Höherer Wartungsaufwand
  • Potenzial von SAP S/4HANA wird nicht voll ausgeschöpft
  • Kein Zugang zu Best Practices
  • Cloud-Nutzung nicht möglich

Welcher Strategieansatz passt zu meinem Unternehmen?

Welche Strategie sich am besten zur Einführung von SAP S/4HANA eignet, lässt sich nicht pauschal beantworten – sie muss individuell getroffen werden.

Weil technisch meist alle Wege möglich sind, sollten Unternehmen daher eine Vielzahl von Faktoren in die Entscheidung einbeziehen. So können sie am Ende eine für das Unternehmen passende Lösung finden.

Zu den zu berücksichtigenden Faktoren gehören sowohl systemtechnische, strategische und organisatorische Aspekte. Ebenso sollten Unternehmen aber auch die aktuellen Fähigkeiten der eigenen Mitarbeiter oder die Kosten der Umstellung in die Entscheidung einbeziehen.

Folgende Leitsätze und Tipps helfen bei der Entscheidung.

In diesen Fällen fällt die Entscheidung eher für Brownfield

  • Steht die IT-Umgebung im Vordergrund und sind die Ausgangs- und geplante Zielarchitektur identisch, dann kommen eher technisch orientierte Strategien in Frage.
  • Dies gilt auch für den Fall, wenn Lösungserweiterungen erhalten werden sollen oder zwangsläufig die gesamte Historie der Transaktionsdaten aufbewahrt werden muss.

In diesen Fällen fällt die Entscheidung eher für Greenfield

  • Sollen die bestehenden Prozesse modernisiert, flexibilisiert und standardisiert werden, dann kommt eher der Greenfield-Ansatz in Betracht – und der wirtschaftliche Einsatz der technischen Ansätze ist eher unwahrscheinlich.
  • Je größer das operative Risiko für Unternehmen bei Inbetriebnahmen in einem Schritt ist (zum Beispiel bei multinationalen Konzerne mit sehr heterogenen Systemen), desto eher kommen Teilinbetriebnahmen in Form von Zwischenetappen in Betracht.
  • Je später über ein Umstellungsprojekt entschieden wird, desto größer sind tendenziell die Unterschiede zwischen der Ausgangs- und der Zielsystemarchitektur, weil der technologische Fortschritt unter SAP S/4HANA extrem schnell voranschreitet – ein weiterer Grund, der für Greenfield spricht.
  • Besteht die vorhandene IT-Landschaft aus vielen verschiedenen ERP-Systemen und soll sie vereinheitlicht und konsolidiert werden, dann scheiden Brownfield und die selektive Migration eher aus.
  • Werden die Ausgaben als „Investition“ in die Zukunft des Unternehmens betrachtet (mit einer Transformation der Kernbereiche des Unternehmens und der Entwicklung neuer, digitaler Geschäftsmodelle), dann sollten Unternehmen den Greenfield-Ansatz in Betracht ziehen.
Team Meinolf Schaefer 1

Meinolf Schäfer, Senior Director Sales & Marketing

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